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09.08.2021

Hochschule für Musik und Theater, Hannover Neue Leichtbetonfassade für das "Ohr"

Die im Grundriss an ein menschliches Ohr erinnernde Hochschule für Musik und Theater in Hannover hat auch 50 Jahre nach ihrer Errichtung nichts von ihrer Faszination eingebüßt. Die Sichtbetonfassade im Innenhof des denkmalgeschützten Bauwerks war im Laufe der Jahrzehnte jedoch stark erodiert. Sie wurde in Teilen inzwischen originalgetreu saniert – mit einer leichten, wärmedämmenden Liapor-Leichtbetonfassade.

Die Hochschule für Musik und Theater in Hannover entstand zwischen 1970 und 1973 und stellte die erste Musikhochschule der Nachkriegszeit in der Bundesrepublik Deutschland dar. Als spektakulär erwiesen sich insbesondere der Grundriss und die Form des Gebäudes, das von dem im Hochbauamt der Landeshauptstadt Hannover tätigen Architekten Rolf-Dieter Ramcke konzipiert wurde: Es ähnelt in verblüffender Weise der Anatomie des menschlichen Ohres, und der plastische, organisch anmutende Massivbau umschließt einen nach Norden zum Stadtwald geöffneten Innenhof. Der drei- bis viergeschossige Baukörper ist zudem charakterisiert durch die Stapelung einzelner Raumvolumen nach außen und durch das terrassenartige Abtreppen zum Innenhof hin. Dort betont die Sichtbetonfassade mit schalungsrauer Oberfläche das Blockhafte des Gebäudes, das durch seine ausgewogene Maßstäblichkeit und die vielen Kommunikations- und Begegnungsflächen dennoch eine angenehme, bergende Atmosphäre vermittelt. Der außergewöhnliche Entwurf der Hochschule nimmt im Architekturschaffen der späten Nachkriegsmoderne für die Stadt Hannover und das Land Niedersachsen eine Sonderstellung ein und das Gebäude steht deshalb auch seit 2011 unter Denkmalschutz.

Risse und Abplatzungen
Der Zahn der Zeit hatte über die Jahrzehnte hinweg jedoch stark am Gebäude genagt und so beschloss das Staatliche Baumanagement Hannover 2016 die Sanierung insbesondere der Sichtbetonfassade im Innenhof. Dort zeigten sich gravierende Schäden: „Die alte Sichtbetonfassade war tiefgründig karbonatisiert, wies Risse und Abplatzungen auf und bot keinen ausreichenden Schutz mehr vor eindringender Feuchtigkeit“, berichtet Architekt Thomas Hirt aus Hannover, der das Projekt betreute. „Die Sanierung war für den Gebäudeerhalt dringend notwendig und zielte darauf ab, die Sichtbetonfassade in ihrer ursprünglichen Form wiederherzustellen und damit das Gebäude langfristig unter Denkmalaspekten zu erhalten.“

Leicht und wärmedämmend
Innerhalb von neun Monaten erfolgte 2016 durch die Dechant Hoch- und Ingenieurbau GmbH in Weismain sozusagen als Probelauf eine Teilsanierung der Innenhoffassade. Die Arbeiten beschränkten sich auf die drei Stockwerke im westlichen Teil des Gebäudes.
Dort wurde zunächst die originale, etwa 15 Zentimeter starke Sichtbetonfassade komplett mittels Meißel abgestemmt, sowohl maschinell als auch per Hand. Die darunterliegende Gebäudekonstruktion aus Stahlbeton wurde anschließend gesäubert und mit Eisen bewehrt, um einen statisch sicheren Verbund für den neuen Fassadenaufbau zu gewährleisten. Für die neue Fassade kam ein Liapor-Leichtbeton mit der Betongüte LC20/22D1.6 zum Einsatz. Hergestellt und geliefert wurde er von der TSN-Beton Hannover GmbH. „Die Entscheidung für den Leichtbeton fiel aufgrund seines geringen Gewichts, das die Statik des Gebäudes nicht beeinträchtigt. Gleichzeitig ließen sich mit diesem Baustoff auch die originale Bauteilphysik nachbilden und die Wärmedämmeigenschaften leicht verbessern“, erläutert Thomas Hirt.

Detailgetreues Schalungsbild
Besonderer Wert bei der Betonage wurde auf die Schalung gelegt: „Wie beim Bau der Originalfassade wurde auch die Leichtbetonfassade mithilfe einer sägerauen Brettschalung erstellt“, berichtet Mike Backert, zuständiger Polier bei der Dechant Hoch- und Ingenieurbau GmbH in Weismain. „Das Schalungsbild der senkrechten, 15 Zentimeter breiten Holzbretter entspricht exakt der Optik der originalen Fassade.“ Vor Ort erfolgte der Leichtbetoneintrag mittels Kran und Schüttkübel. Die Betonage verlief dabei etappenweise, wobei die vertikalen Abschnitte jedoch alle in einem Guss verfüllt wurden. „Das Einbringen und Verdichten des Leichtbetons in die vier Meter hohen und nur 15 Zentimeter tiefen Spalten war herausfordernd, hat erfreulicherweise aber sehr gut geklappt, und die neue Fassade erscheint in durchgehender, rauer Streifigkeit wie das Original“, so die Bilanz von Mike Backert.

Charakter wiederhergestellt
Auch aus Architektensicht fällt das Fazit zur neuen Fassade positiv aus: „Der Liapor-Leichtbeton hat sich für die Sanierung der Fassade bestens bewährt. Er bietet eine robuste, widerstandsfähige Oberfläche, die auch heute nach fünf Jahren keine Beeinträchtigungen aufweist. Der Baustoff bewahrt dabei den Charakter des Gebäudes, wobei seine kleinen Lunker und Unregelmäßigkeiten den Béton-brut-Gedanken der ursprünglichen Konstruktion noch positiv verstärken“, so das Fazit von Thomas Hirt. Mit der neuen Leichtbetonfassade ist das Gebäude für weitere Jahrzehnte ganz im Sinne des Denkmalschutzes erfolgreich wiederhergestellt und damit steht auch der Sanierung der restlichen Innenhoffassade des einzigartigen Bauwerks nichts mehr im Wege.

Abbildungen

Bild 1
Detailgetreu wiederhergestellt: Die neue Fassade entspricht in ihrer typisch sägerauen Streifigkeit ganz der Optik des Originals.
Foto: Architekturbüro Dipl.-Ing. (FH) Thomas Hirt
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Bildmaterial